Stories 4-ever - Stumme...

K11 -  Stumme Schreie

 

Es war ein sonniger Freitagmorgen. Kaum eine Wolke war am Himmel zu sehen. Der Kommissar Michael Naseband betrat mit der kleinen Sophie Martens das K11 und ging mit ihr ins Büro. „Jetzt renn doch nicht so. Ich hab doch nur so kurze Beine!“, quietschte das braunhaarige Mädchen außer Atem. „Oh sorry, Kleene“, grinste Michael so zu ihr runter.

Im Büro waren schon Alexandra Rietz und Branco Vukovic mit sehr viel Arbeit beschäftigt.  „Hallo Micha, wen haste denn da mitgebracht?“, fragte Branco neugierig und kam auf die beiden zu. Sophie hielt sich erstmal zurück und stand schüchtern hinter Michael Naseband. „Das ist die Tochter meiner Nachbarn. Die haben morgen Hochzeitstag und wollen sich ein schönes Wochenende in der Stadt der Liebe machen. Und da ich gut mit Sophie klar komme und sie ne liebe Maus ist, bleibt sie so lange bei mir! Und da hab ich sie jetzt mitgenommen, da ich kein frei gekriegt habe. Aber ich konnte sie ja schlecht allein zu Hause lassen!“, sagte Michael und strich der kleinen Sophie freundschaftlich über die Haare. Branco ging vor ihr der Achtjährigen in die Hocke um nicht allzu groß zu sein und meinte: „Na du. Du bist also Sophie. Ich bin der Branco.“ „Hallo...“, flüsterte Sophie und lächelte dann zu Alex rüber. „Hey, willkommen. Ich bin Alex. Endlich mal jemand der mit mir in den Kampf gegen die Männer zieht!“, rief Alexandra Rietz vergnügt.

Sophie war beeindruckt. Sie hatte nicht erwartet, dass die Kollegen ihres Nachbarn so freundlich zu ihr sein würden.

Michael Naseband setzte sich an seinen Schreibtisch und begann einen Bericht zu schreiben. Hin und wieder warf er prüfende Blicke zu Sophie, die sich scheinbar doch nicht so wohl fühlte, wie er gehofft hatte. Sie saß schüchtern auf dem Stuhl und langweilte sich. „Komm her“, forderte er sie auf und Sophie sprang grinsend zu ihm auf den Stuhl. Von Langeweile war weit und breit keine Spur mehr, denn prompt begann sie, seinen Schreibtisch zu verwüsten und jedes freie Blatt zu bemalen, das ihr unter den Stift kam.

„So Schluss jetzt. Ich will hier noch was wiederfinden, es soll ja nicht so aussehen wie bei Alex!“, sagte Michael und fügte grinsend hinzu: „Beschäftige mal den Branco, der hat Langeweile!“

Kurze Zeit später krabbelte Branco Vukocic  auf allen Vieren durchs Büro mit einer lachenden Sophie auf dem Rücken. „Pause ich kann nicht mehr. Spiel mit Alex!“, schnaufte Branco und Sophie wirbelte mit Alex durchs Kommissariat. Nur wenige zeit später saß auch Alex erledigt auf dem Stuhl. „Und? Was spielen wir jetzt?“, grinste Sophie. „Ganz einfach, wir spielen: die Kommissare brauchen Ruhe. Da sind ja sogar die Akten weniger anstrengend!“, lachte Alex.

„Los Zwerg komm. Wir gehen Brötchen holen, dann können wir noch frühstücken.“, sagte Branco, als er sah, dass Sophie sich wieder gelangweilt auf den Stuhl setzte. Das ließ sich Sophie nicht zwei Mal  sagen. Gemeinsam liefen sie zum Supermarkt und Branco blieb beim Bäcker stehen, während Sophie weiter lief.

Da sprach ein junger, großer Mann sie an: „Hi du. Ich hab da was für dich!“ „Ich darf aber nichts von fremden annehmen!“, antwortete Sophie. Das hatten ihre Eltern und auch Michael Naseband oft genug erklärt. Doch der Mann war unbeeindruckt, hob sie hoch und lief mit ihr hinaus. „HILFE BRANCO!“, schrie Sophie noch, doch der Mann rannte mit ihr raus und warf sie brutal auf die Rückbank seines schwarzen BMWs  und fuhr davon. Branco hatte sofort reagiert, doch durch die vielen Leute im Supermarkt war er nicht schnell genug raus gekommen. Viele Leute hatten zu gesehen, doch keiner hatte eingegriffen. So konnte Branco nur noch sehen, wie der Typ wegfuhr und Sophie verzweifelt gegen die hintere Autoscheibe schlug. Branco selbst rannte in Rekordzeit zurück zum Präsidium.

Außer Atem stand Branco Vukovic in der Tür. „Wo ist Sophie?“, fragte Alex. „Irgend so ein Typ ... hat sie entführt!“ , brachte Branco hervor. „WAS? Kannst du denn nicht aufpassen? Spinnst di eigentlich?“, schrie Michael Naseband.  Er war sauer, da er die Verantwortung für das kleine Mädchen trug. Hätte er keine Glatze, hätte er sich jetzt die Haare gerauft. „Hey Michael, es tut mir leid. Sie ist vor gelaufen und. und da hat der Typ sie angesprochen und gepackt  und. ist dann mit einem schwarzen BMW weggefahren. Das tut mir doch auch leid.  Ach verdammt, dass ist alles meine Schuld. Scheiße man.“, fluchte Branco und schlug mit der flachen Hand gegen den Türrahmen. „Ich glaub, der Typ ist uns schon vom K11 auf gefolgt!“, meinte Branco dann nachdenklich. „Kannst du diesen Mann denn beschreiben?“, fragte Alexandra. „Ja ... groß, dunkelhaarig, breitschultrig...“, meinte Branco. „Wenn ich mir des genau überlege, der war irgendwie immer da wo wir auch waren.“, fügte er dann hinzu. „Dann lasst uns mal ein Phantombild anfertigen!“, meinte Michael immer noch sauer. Er hatte bisher die ganze Zeit geschwiegen.

Einige Zeit später lehnte Michael sich in seinen Stuhl zurück. Gemeinsam hatten sie die letzten  1 ½  Stunden bei der Anfertigung eines Phantombilds gesessen. „Hey Jungs, ich hol mir Nervennahrung“, meinte Alexandra Rietz und verschwand. „Ey irgendwoher kenne ich den Affen. Wenn ich doch nur wüsste woher!“, meinte Michael.  „Den hab ich heute Morgen schon vor dem Haus bemerkt und dann wieder vor dem Kommissariat. Das kann doch kein Zufall sein!“, murmelte Michael.

Langsam öffnete sich die Tür. Alexandra Rietz trat vorsichtig ein. Sie war schneeweiß. „Was ist denn mit dir los?“, fragte Branco verwundert. Alex antwortete nicht sondern hielt ihm nur einen Brief vor die Nase.

„Bringen Sie 1 Millionen Euro in kleinen Scheinen zum Olympiastadion oder das Mädchen stirbt“, las Branco vor. Michael Naseband blickte auf und fragte: „Was ist los?“ „Hast du nicht zugehört? Der Entführer hat sich gemeldet. Der will eine Millionen Euro haben.“, meinte Branco. „Das gibt’s doch gar nicht. Aber ich hab grade über diese Witzfigur nachgedacht. Ich bin mir ziemlich sicher zu wissen, wo er wohnt“, überlegte Michael laut. „Ey komm, da fahren wir jetzt sofort hin“, rief Alex schnell und schmiss den beiden Kommissaren die Jacken zu. „Sollen wir nicht lieber das SEK sofort mitnehmen?“, fragte Branco leicht unsicher. „Quatsch, wir sind uns ja noch nicht sicher, dass der da wirklich wohnt. Die können wir auch später noch rufen“, rief Michael und schob Alex die Treppen runter.

„Michi, es gibt so etwas wie Verkehrsschilder und rote Ampeln. Die solltest du mal langsam wieder beachten sonst halten uns gleich noch Kollegen an!“, mahnte Alexandra Rietz. Michael Naseband fuhr wie ein Anfänger viel zu schnell.

Es war mittlerweile 14:23 Uhr. Die drei Kommissare kamen vor der Wohnung des möglichen Entführers an.  Branco Vukovic wartete vor dem Haus, während Michael Naseband und Alexandra Rietz zur Wohnung hochgingen. Sie klingelten Sturm doch keiner öffnete  die hölzerne Tür. Zur Vorsicht rief Alexandra Rietz das SEK dazu.

Diese trafen auch schon nach wenigen Minuten ein. Einige sicherten unten die Eingangstür zum Haus, andere kamen zu Alexandra und  Michael nach oben zur Wohnung. „Der Typ ist gefährlich. Wir wissen nicht, ob er eine Waffe bei sich trägt. Was wir aber wissen, ist, dass er ein kleines Mädchen bei sich hat. Das heißt, der kleinen darf auf keinen Fall etwas passieren, aber dennoch Eigensicherung!“, ordnete Michael Naseband an.

Das SEK stand in voller Schutzkleidung bereit und nickte. Michael Naseband und Alexandra Rietz selbst trugen nur kugelsichere Westen. Ein SEK-Beamter trat die Tür ein und die Wohnung wurde gestürmt, doch weit und breit wurde niemand festgestellt.

Währenddessen machte sich Branco Vukovic vor dem Haus ebenfalls Gedanken und er kam zu dem Entschluss, sich einmal im Keller umzusehen. Also machte er sich allein auf den Weg an den SEK-Beamten vorbei und die Kellertreppen hinunter. Am Ende des Flures stand eine Tür offen. Branco Vukovic näherte sich langsam und als er genau vor ihr stand und hinein sah, bekam er einen Schreck. Er erkannte den Typ vom Supermarkt sofort wieder und sah dann auch Sophie, die vor ihm stand und ängstlich zitterte. Der Typ holte grade aus, um das kleine Mädchen zu schlagen. Branco griff prompt nach seiner Waffe, doch diese war nicht vorhanden. Er hatte sie im Auto liegen gelassen, als er eben noch das Vorgehen mit Alex und Michael besprochen hatte. Doch er hatte keine andere Wahl, denn er sah, dass der Entführer nun eine Pistole zog und sie auf Sophie richtete. Branco überlegte nicht lange und schrie einfach: „Hey! Lassen Sie das Mädchen gehen.“ der Entführer war überrascht und sehr unsicher. Vor lauter schreck ließ er das Mädchen los und zielte mit der Waffe auf Branco. Ohne lange zu überlegen entsicherte er die Waffe. Blitzschnell schloss sich sein Zeigefinger um den Abzug. Es war nur noch ein Schuss zu hören  und Branco Vukovic sank auf dem kalten Kellerboden zusammen. Sophie war geschockt. Sie wusste nicht was sie machen sollte, nachdem Branco auf dem Boden liegen geblieben war und so rannte sie einfach weg und raus aus dem Keller. Der Entführer starrte auf seine Hand in der er noch die Waffe hielt. Er konnte nicht glauben, dass er tatsächlich abgedrückt hatte.

Sophie rannte weg und aus der großen Haustür heraus. Von weitem erkannte sie Michael Naseband und Alexandra Rietz, die draußen nach ihrem Kollegen gesucht hatten.

„SOPHIE!!“, rief Michael Naseband und zusammen mit Alexandra Rietz lief er auf das verängstigte Mädchen zu. „Kleine, wie geht’s dir? Was ist passiert? Ich bin so froh, dass du Gesund bist. Wir haben uns Sorgen gemacht!“, sagte Michael und hob Sophie hoch. Alexandra Rietz streichelte dem kleinen Mädchen über den Rücken und sprach beruhigend auf sie ein und fragte dann: „Weißt du wo Branco ist?“ Aber Sophie antwortete nicht. Zitternd lehnte sie sich an Michaels Schulter und sprach kein Wort mehr. Vor ihrem inneren Auge kamen die ganze Zeit die Bilder, als Branco im Keller zusammen gesunken war.

Auf einmal kam ein großer, dunkelhaariger Mann aus der Tür gerannt und Sophie zuckte zusammen. Alex drehte sich um und erkannte ihn im den Entführer. Ohne viel Aufwand nahm sie ihn fest, da dieser noch total benommen schien. „Wo ist mein Kollege?“, rief sie sauer. „Im... im Keller“, stotterte Entführer.

Zwei Männer vom SEK kamen herbei geeilt und einer übernahm den Entführer, der andere nahm die kleine Sophie auf den Arm. So konnten Alex und Michael so schnell wie möglich in den Keller rennen.

Alexandra Rietz hatte sich ja einiges vorgestellt und auch auf einiges seelisch vorbereitet, doch das was sie dort sah, schockte sie. Branco Vukovic lag bewusstlos am Boden und verlor eine Menge Blut. Michael Naseband handelte sofort und rief einen Krankenwagen. „Hallo? Branco?“, rief Alex und versuchte ihn wachzurütteln, jedoch erfolglos. Sein Puls war schwach.

Einige Minuten später traf dann auch der RTW ein. Mehrere Sanitäter kümmerten sich um den Schwerverletzten. „Wie geht’s ihm?“, fragte Michael besorgt. „Ich will Ihnen nichts vormachen. Es steht schlecht um Ihren Kollegen. Er hat sehr viel Blut verloren und wir müssen ihn so schnell wie möglich ins Krankenhaus bringen. Er kommt ins Marienhospital. Wenn er nicht sofort operiert wird, wird er den Schuss nicht überleben!“, antwortete der Notarzt und verschwand im Wagen. Die Türen wurden geschlossen und mit Blaulicht fuhr der Wagen ab.

Somit fuhren auch die Kommissare ins Krankenhaus. Michael nahm Sophie mit, doch sie redete einfach nicht mehr und war auch nicht mehr der kleine Wirbel den er kannte. Im Krankenhaus wurde sie dann noch durchgecheckt, wobei sich herausstellte, dass sie einen Schock hatte, ihr aber sonst nichts fehlen würde. Deswegen brauchte sie auch nicht auf Station bleiben, sondern konnte wieder mit nach Hause.

In der Zwischenzeit lag Branco Vukovic bereits seit 3 Stunden im Operationssaal. Die Wartezeit kam den Kommissaren und Sophie wie eine Ewigkeit vor, doch dann kam endlich einer der operierenden Ärzte heraus. „Wie geht es ihm?“, fragte Alexandra Rietz besorgt. „Wir müssen abwarten. Die OP ist gut verlaufen, wenn er die nächsten 24-Stunden überlebt, dann ist er über den Berg!“, gab der Arzt Auskunft. „Können wir zu ihm?“, fragte Michael. „Kommen Sie morgen wieder. Er braucht sehr viel Ruhe. Er liegt auf Zimmer 332. Wenn Sie morgen kommen, können Sie gerne zu ihm. Wenn Sie mich bitte entschuldigen“, sagte der Arzt und ging.

 

Am nächsten Tag trafen sich die Kommissare und Sophie vor dem Krankenhaus. Als sie in Richtung Aufzug gingen, meinte Michael: „Ich mache mir Sorgen um Sophie. Sie hat seit dem sie wieder da ist noch kein Wort gesprochen.“ „Das wird wieder“, munterte Alex ihren Kollegen auf.

Zu dritt betraten sie das Krankenzimmer. Branco war wach und hatte die Nacht gut überstanden. „Wie geht’s dir?", fragte Alex. „Ich ab mich schon besser gefühlt. Was ist mit Sophie?“, antwortete Branco. „Sie spricht nicht mehr!“, antwortete Alex. „Was? Hey Sophie. Komm her zu mir.“, sagte Branco. Sophie krabbelte zu ihm ins Bett. „Mensch, was machste denn für Sachen? Du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen. Ich bin bald wieder voll fit.“, erklärte Branco. Er sprach beruhigend auf das kleine Mädchen ein, doch ohne Erfolg wie es schien. „Ich hab dich lieb!“, flüsterte Sophie auf einmal. Die drei waren wirklich froh, dass sie wieder sprach und nahmen sie in den Arm.

 

Urteil:

Der Entführer, Joachim Horg, wurde wegen Entführung und schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 7 Monaten verurteilt.

 

Branco Vukovic arbeitet weiterhin mit seinen Kollegen im K11.

 

 

© by Sarah Kranz

 

 

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