Stories 4-ever - **NEU**

Überraschende Veränderungen

 

Es war ein verregneter, stürmischer Freitagnachmittag. Die Uhr im Büro zeigte erst 18:07 Uhr, aber draußen war es stockdunkel und so schwarz wie die Nacht. Die Laterne vor der Kanzlei war kaputt, sodass Ingo Lenßen zusätzlich die Schreibtischlampe eingeschaltet hatte.

Gerade stellte er noch Nachforschungen im Internet an und schrieb in eine dicke Akte, als sich die Schiebetür zu seinem Büro öffnete und Gabi von Polsdorf den Kopf hereinsteckte: „Herr Lenßen, hier ist eine Frau McPerphan! Sie sagt, sie habe zwar keinen Termin, aber sie müsste dringend mit Ihnen reden. Es geht um ihre Tochter!“ „Ja natürlich, schicken Sie sie herein“, sagte Ingo Lenßen, schaute von seiner Akte auf und nahm seine Brille ab, um mit dieser dann zu spielen.

„Guten Tag, Frau McPerphan! Was kann ich denn für Sie tun?“, begrüßte der Anwalt seine neue Mandantin. „Bitte Herr Lenßen, Sie müssen mir helfen“, flehte die junge Frau. „Es ist so wichtig!“ „Was kann ich denn für Sie tun? Erzählen Sie doch erst einmal!“, bat Ingo Lenßen seine neue Mandantin, die aufgeregt ihm gegenüber Platz nahm.

„Naja, es geht um meine Tochter Luica. Sie hat sich in letzter Zeit so sehr verändert. Ich komme gar nicht mehr an sie heran und kann gar nicht mehr mit ihr reden“, erzählte die Frau ganz aufgebracht. Man sah ihr an, dass sie einer Hysterie nahe war. „Wie alt ist denn Ihre Tochter?“, fragte der Anwalt und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Die ist 17 geworden … vor etwas mehr als zwei Wochen!“, antwortete Julia McPerphan. „Meinen Sie nicht, dass es normal ist, dass Ihre Tochter Ihnen nicht mehr alles erzählt?“, fragte Ingo Lenßen noch nicht überzeugt. „Nein, also, wir hatten ein sehr gutes Verhältnis! Außerdem habe ich Angst, dass sie ins Ausland abhauen will! Herr Lenßen, Sie müssen mir helfen, Sie sind meine letzte Hoffnung. Bestimmt setzt jemand meine kleine Luica unter Druck!“, schluchzte die Frau und fing nun richtig an, hysterisch zu werden. „Außerdem zieht sie sich auf einmal immer so komische Klamotten an!“ „Inwiefern zieht sich ihre Tochter komisch an?“, fragte Ingo interessiert. „Naja, sie ist vor ein paar Monaten mit neuen Klamotten angekommen. Immer nur so hautenge Oberteile und enge Jeans, die oftmals auch noch Löcher haben“, erklärte die junge Frau nun endgültig hysterisch.

Ingo Lenßen musste sich beherrschen, um ein Grinsen unterdrücken zu können: „Aber Frau McPerphan, meinen Sie nicht, dass das völlig normale Klamotten für eine Jugendliche sind?“ „Nein!“, quietschte die Mandantin. „Früher hat meine Tochter nur Kleider und lange Röcke getragen. Schauen sie, dass war sie vor einen halben Jahr und das andere Foto ist von vor einer Woche.“ Die Mandantin reichte zwei Fotos über den Tisch. Auf dem ersten Foto war ein dunkelhaariges Mädchen mit einem braunen Oberteil und einem langen blauen Rock zu sehen. Das zweite Bild zeigte das gleiche braunhaarige Mädchen. Dort jedoch waren ihre frechen blauen Augen durch Make-up betont und sie trug ein kurzes, bauchfreies Top in knalligem rot und eine enge Jeans, die mit ein paar Löchern am Knie versehen war.  „Und jetzt fängt sie auch noch an sich zu schminken!“, fügte die Mandantin noch immer quietschend hinzu. „Ich kann Sie beruhigen“, lächelte Ingo. „Auch das ist völlig normal. Was sagt denn Luica’s Vater? Findet er auch, dass sie sich verändert hat?“ „Ihren leiblichen Vater kennt sie nicht, dass kann ich Ihnen versichern. Er ist abgehauen, als Luica 3 Jahre alt war. 2 Jahre später habe ich wieder geheiratet, aber mein jetziger Mann konnte Luica leider nicht adoptieren, weil da mein Ex streikt. Aber das ist nicht das Problem. Auch mein Mann findet die Veränderungen sehr, sehr seltsam!“, erklärte die Mandantin etwas ruhiger. „Na gut, ich würde Ihnen dann zwei meiner Ermittler vorbei schicken! Wann ist denn Ihre Tochter nicht zu Hause, sodass meine Ermittler sich in Ruhe umschauen könnten?“, fragte Ingo Lenßen.  „Am besten morgen früh, da probt sie ab 9 Uhr mit ihrer komischen Rockband! Vielen, vielen Dank, Herr Lenßen!“, sagte die Mandantin und verließ erleichterter als zuvor das Büro, nachdem sie noch eben Telefonnummer und Adresse auf einem Zettel hinterlassen hatte.

Ingo Lenßen informierte noch eben zwei seiner Ermittler, was für sie am nächsten Tag zu tun war.

 

„Boah man, Mark! Wenn du doch einmal pünktlich wärst, wenn du mich abholst, dann müsstest du jetzt nicht fahren wie ein Irrer!“, beschwerte sich Katja Hansen grinsend und klammerte sich an der Tür fest. „Mensch, demnächst holst du mich ab, dann kannst du wenigstens nicht mehr meckern, du fährst zwar wie ne Schnecke aber egal!“, grinste Mark Blomberg zurück. Die beiden Privatermittler waren von Ingo Lenßen damit beauftragt worden, sich einmal in Ruhe im Zimmer der Tochter der neuen Mandantin umzusehen.

„Sag mal, was hältst du von unserem neuen Auftrag?“, fragte Katja, die sich langsam wieder entspannte und den Türgriff nicht mehr wie eine ertrinkende umklammert hielt. „Naja, neue Kleidung und ’n bissel Make-up heißt nicht gleich, dass sie Probleme hat. Und das sie ihrer Mutter nicht mehr alles erzählt ist in dem Alter ja auch normal! Oder hast du das da noch gemacht?“, antwortete ihr Kollege Mark Blomberg. „Nein, ganz bestimmt nicht, daran würde ich mich erinnern. Ich bin mal gespannt, ob wir was Interessantes finden, was auf eine Art Flucht oder Probleme hindeutet!“, erwiderte Katja Hansen.

 

Eine Viertelstunde später stiegen die beiden Privatermittler aus ihrem Auto aus und gingen durch das schmiedeeiserne Tor auf ein Einfamilienhaus zu. Kurz nachdem Katja Hansen auf den Klingelknopf gedrückt hatte, wurde die Tür von einer kleinen Frau in den 40igern aufgerissen.

„Guten Tag, mein Name ist Katja Hansen und das ist mein Kollege Mark Blomberg“, stellte Katja sich vor.  „Ah, Sie sind die zwei Ermittler, die von Herrn Lenßen geschickt wurden. Kommen sie doch herein, ich bin Julia McPerphan!“, entgegnete die Frau und ließ die beiden Ermittler eintreten. Sofort lief sie voraus und öffnete die Tür zu Luica McPerphan’s Zimmer. „Sehen sie sich ruhig in Ruhe um und sagen sie bescheid wenn sie etwas brauchen!“ „Werden wir, vielen dank“, sagte Mark Blomberg und betrat gefolgt von Katja Hansen das Zimmer. „Hilfe, das ist ja übelst ordentlich hier“, sagte Katja Hansen. „Mal abgesehen von den Notenblättern die hier rumliegen!“  „Ja Katja, es sieht nicht überall so aus wie bei dir“, lachte Mark. „Das sagt mal wieder der richtige“, grinste Katja zurück. „Ach Mensch, hier müssen wir ja richtig aufpassen, sonst merkt sie hinterher noch etwas“, meinte Mark und schaute unter das große Bett, welches unter einem riesig großen Fenster stand. Währenddessen schaute Katja sich den Schreibtisch des jungen Mädchens an. Besonders die vielen Papierablagen interessierten sie. „Scheiße, ne man das gibt’s doch nicht. Hey des gibt’s ja mal nicht“, sagte Katja Hansen auf einmal. „So viel Glück kann ja wieder nur ich haben!“ „Was denn los?“, fragte ihr Kollege neugierig. „Ja, erst bring ich hier sämtliche Papiere durcheinander und dann scheppern mir diese Unterlagen hier entgegen!“ Katja Hansen hielt triumphierend einen Stapel Blätter, Flyer und Prospekte hoch. „Zeig mal her!“, forderte Mark und nahm die Hälfte von dem Stapel. „Ja das glaubt man ja nicht. Das alles sind Prospekte und Informationsmaterial über ein Schuljahr im Ausland oder Au-Pair-Stellen. Aber das bringt uns immer noch nicht weiter, wo sie hin will!“, stellte der Ermittler fest.  „Mensch Mark, ich schwöre du brauchst ne Brille. Wenn du mal die Augen richtig aufmachst siehst du hier und da immer wieder kleine Kreuze. Und immer geht es dabei um die USA!“, erklärte Katja Hansen und zückte ihre Digitalkamera. Sie legte die interessanten Seiten aufgeschlagen auf den Schreibtisch und begann, sie alle lesbar abzufotografieren, als plötzlich die Tür aufging. „Kommen Sie, schnell, beeilen Sie sich!“, rief Julia McPerphan ganz aufgeregt. „Meine Tochter, ich weiß zwar nicht warum, aber sie kommt da hinten. Sie ist schon an der Straßenecke, Sie müssen hier raus, sonst sieht sie Sie!“ Katja Hansen fotografierte schnell noch die letzten Blätter und steckte die Digitalkamera wieder ein, während ihr Kollege die Informationen zusammen schob und sie fragend ansah: „Wo kommen die hin?“ „Zweite Fach, jetzt mach, wir müssen hier raus!“  

Nacheinander hüpften die beiden Privatermittler vorbei an herumliegenden Notenblättern in das Wohnzimmer der Familie. „Kommen Sie, gehen Sie durch den Garten und dann außen herum zu Ihrem Auto. Dann werden Sie nicht gesehen“, meinte die Mutter und schob die beiden Ermittler durch die Balkontür hinaus ins Grüne.

Im Auto angekommen mussten die beiden Privatdetektive erst einmal richtig tief durchatmen. Der erste Arbeitstag nach dem Urlaub und schon währen sie beinahe entdeckt worden. Das fing ja gut an.

„Rufst du mal eben Ingo an und berichtest ihm über alles?“, fragte Mark und Katja wählte schon die Nummer der Kanzlei. „Hallo Mark, was gibt’s?“, begrüßte Ingo und Katja grinste: „Ne du, hier ist Katja. Ich wollt dir eben bescheid sagen, dass wir Reiseunterlagen und Informationsbroschüren gefunden haben. Leider sind wir nicht dazu gekommen, nach mehr zu suchen, weil dann auf einmal die Tochter aufkreuzte und die Mutter uns mehr oder weniger raus gejagt hat!“ „Wie die ist grade gekommen. Ich dachte die hätte ne Bandprobe! Hat die euch bemerkt?“, fragte Ingo Lenßen verwundert. „Ach quatsch Ingo, wir waren leise wie die Katzen“, sagte die Ermittlerin ernst, wobei sie sich ein Grinsen verkneifen musste. „Ja ist ja klar, grade Mark das Trampeltier soll leise wie ne Katze sein. Klar und ich bin der Nikolaus!“, lachte Ingo. „Hey Vorsicht Chef!“, grinste Mark. „Ich denke, ihr solltet das Mädel observieren“, sagte Ingo Lenßen. „Wenn sie aber in den nächsten 2 Stunden das Haus nicht verlässt, dann kommt hier in der Kanzlei vorbei und wir überdenken das ganze noch mal!“ „Ja okay Ingo, dann machen wir es uns hier mal gemütlich!“, sagte Katja Hansen und legte auf.

 

Auch eine halbe Stunde später hatte sich noch immer nichts getan und so beschloss Katja Hansen, eben schnell zum Bäcker um die Ecke zu laufen, um ein paar frische Brötchen zu holen. Sie hüpfte grade wieder ins Auto und hatte Mark eben ein Brötchen gereicht, als auch schon die Zielperson das Haus verließ und auf ihren Roller stieg.

„Na, die hat auch noch nix von Geschwindigkeitsbegrenzung gehört oder?“, fragte Mark. Katja grinste: „Der Roller fährt normal nicht so schnell, mich würde interessieren wer den aufgemotzt hat. Ob ihre Mutter des wohl weiß?“, dachte Katja Hansen laut. „Ja schon, aber es ist nicht unser Auftrag das herauszufinden. Und das müssen wir ihrer Mutter ja nicht gleich auf die Nase binden. Schau mal, die hält da an diesem Jugendtreff“, sagte Mark und parkte seinen Wagen 20 Meter von dem Haus entfernt.

Die beiden Privatermittler folgten der Tochter der Mandantin unauffällig in das große Gebäude. Sie stiegen eine lange Treppe hinunter, bis sie im Keller ankamen.

Dort sahen sie, wie die Zielperson auf einen jungen Mann zu ging und ihn mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange begrüßte. Der Typ war ungefähr 1.90 Meter groß, schlank, hatte schwarze, schulterlange Haare zu einem Zopf gebunden und wahnsinnig grüne Augen. Alles in allem eine sehr attraktive Erscheinung „Danke du bist echt meine letzte Rettung“, lächelte Luica den Mann an und der lächelte charmant zurück, woraufhin Luica gleich etwas errötete. „Wie viel kriegste denn für das Zeug!“, fragte Luica und schaute ihn lächelnd an. „10 Euro“, meinte er ebenfalls lächelnd. „Ist das nicht teurer??“, fragte Luica irritiert. „Nein, erstens mag ich dich nämlich und zweitens habe ich so meine Kontakte, dass ich da nicht so viel zahlen muss!“, antwortete der Mann nun lachend. „Danke, vielen dank. Ich lasse dich die Tage mehr wissen, wenn ich noch was brauche!“, sagte Luica, gab dem Mann zehn Euro, nahm einen großen braunen Umschlag entgegen und steckte ihn unter ihre schwarze Jacke. Sie gab dem Mann spontan einen flüchtigen Kuss auf den Mund, ließ ihn irritiert, aber lächelnd, stehen und lief in Richtung Ausgang. Die Ermittler schafften es grade noch, die Treppen hinauf zu rennen und in ihr Auto zu springen, ehe die Zielperson aus dem Haus kam und mit ihrem Roller weiterdüste.

 

„Ja Mensch sag was war denn das?“, fragte Katja Hansen, während Mark Blomberg der Zielperson nach Hause hinterher fuhr. „Ich weiß es nicht, aber ich denke, wir sollten jetzt mal zu Ingo fahren!“, antwortete dieser und trat auch gleich mal ordentlich aufs Gaspedal. „Hast du grade Fotos gemacht?“, fragte Mark. „Ja klar, ich komme zwar grade erst ausm Urlaub, aber ein paar graue Zellen hab ich noch!“, sagte Katja beleidigt.

 

20 Minuten später saßen Mark Blomberg und Katja Hansen im Büro ihres Chefs und zeigten ihm die Bilder die sie zuerst im Zimmer von Luica McPerphan und später im Jugendzentrum gemacht hatten. Dieser meinte: „Euch ist schon klar, wonach das aussieht oder?“ „Ja schon, ein klassischer Drogendeal!“ „Wie bring ich das nur der Mandantin bei? Die kriegt ja schon einen hysterischen Anfall, wenn ihre Tochter sich schminkt. Ich weiß nicht wie sie hier drauf reagieren wird!“, sagte Ingo Lenßen kopfschüttelnd. „Aber Ingo, meinst du nicht, dass es ein bisschen früh ist der Mandantin bescheid zu geben?“, fragte Mark Blomberg unsicher. „Wieso?“ „Ich meine, wir haben bisher nicht mehr als das. Wir wissen nicht im Geringsten, was in diesem Umschlag ist. Und wer der Typ ist, ja, das wissen wir auch nicht!“, antwortete der Ermittler. „Ja, aber wer das ist, dass könnte die Mandantin uns vielleicht sagen!“, warf Ingo ein. „Ja klar, sie hat doch selber gesagt sie kommt  kaum noch an ihre Tochter heran!“ „Was soll ich denn machen? Das sind nun einmal Ergebnisse und die muss ich der Mandantin schon einmal präsentieren! Druckt die Bilder bei Gabi aus und holt euch nen Kaffee, ich mache eben einen Termin mit der Mandantin!“, sagte Ingo Lenßen, der im Moment selbst nicht mit der Situation zufrieden war. „Okay Ingo, wie du meinst“, sagte Katja Hansen und verließ mit ihrem Kollegen das Büro.

 

„Ja schönen guten Tag Frau McPerphan, hier ist Ingo Lenßen. Meine Ermittler haben heute schon überraschenderweise ein paar Ergebnisse mitgebracht!“, begann Ingo das Telefonat. „Ja … und? Was gibt es denn?“, fragte die Mandantin aufgeregt. „Frau McPerphan, ich würde Ihnen diese Ergebnisse gerne persönlich zeigen und mitteilen. Meine Ermittler haben da ein paar Fotos gemacht und wir hoffen, Sie können uns da weiterhelfen“, erwiderte Ingo Lenßen und malte auf einem Notizzettel herum. „Ja…ja kommen sie doch morgen früh gleich vorbei!“, meinte die Mandantin nach kurzer Pause. „Ja gut, also bis morgen. Ich würde dann so um 12 Uhr bei Ihnen sein“, sagte der Anwalt und legte kurz darauf wieder auf.

„Katja, Mark, wir treffen uns morgen um kurz vor 12 Uhr vor dem Haus der Mandantin. „Jo Chef, können wir dann Feierabend machen?“ „Na aber immer doch!“

 

Ingo Lenßen blickte ungeduldig auf seine Uhr, als seine Ermittler in halsbrecherischem Tempo um die Ecke bogen und in die Parklücke hinter seinem Wagen setzten.

„Sorry Ingo, ich hab ein bisschen verpennt und daher verpasst, Mark abzuholen. Das ist mir erst auf halben Weg hierher eingefallen!“, entschuldigte Katja Hansen unter dem Blick ihres lachenden Kollegen. „Jaja, von wegen immer muss ich unpünktlich sein!“, sagte Mark und reichte seinem Chef die Fotos vom Vortag.

 

Gemeinsam betraten die drei das Haus der Familie McPerphan. „Kommen Sie doch herein. Unsere Tochter ist nicht da, wir können also in Ruhe reden. Mein Mann ist schon im Wohnzimmer!“, begann Frau McPerphan und führte die Gäste durch den langen Flur.

„Martin, das sind Herr Lenßen und seine Ermittler“, begann die Mandantin und die Anwesenden reichten sich die Hände.

„Wissen Sie schon, was mit Luica nicht stimmt?“, fragte der Ehemann der Mandantin. „Ja naja, mehr oder weniger. Wir haben bei Ihrer Tochter Informationsmaterial und Prospekte über ein Au-Pair Jahr oder ein Schuljahr im Ausland. Dabei dreht es sich ausschließlich um die USA. Wissen Sie, ob sie jemanden dort kennt?“, begann der Anwalt zu erklären und zeigte den Eltern die Fotos aus dem Zimmer des Mädchens. „Ich wüsste nicht, ob sie jemanden dort kennt. Ich weiß zwar, dass sie ne Menge Brieffreundschaften hat, aber so weit es mir bekannt ist, wohnt davon keine in den USA!“, erklärte Martin McPerphan. „Ich weiß es auch nicht“, sagte die Mutter und betrachtete einen Moment die Bilder, ehe sie sie wieder an den Anwalt zurückreichte. „Dann wäre da noch etwas“, begann Ingo Lenßen erneut. „Ihre Tochter hat sich gestern mit einem jungen Mann getroffen. Hat ihn auch mit einem Küsschen begrüßt. Sie bekam von ihm einen braunen Umschlag und gab ihm Geld dafür. Wissen Sie wer das ist?“ Ingo Lenßen gab den Eltern die Fotos und wartete geduldig, während sie sich die Bilder genau ansahen. „Nein also, den Typ habe ich noch nie gesehen. Sie hat auch noch von keinem Jungen erzählt. Wer ist das?“, fragte die Mandantin irritiert. „Genau das wollten wir ja vielleicht von Ihnen wissen“, sagte Katja Hansen und nahm die Fotos entgegen. „Was hat sie da bekommen? Drogen?“, fragte Martin McPerphan und legte den Arm um seine Frau. „Aber Martin, Luica nimmt doch keine Drogen!“ Mark beantwortete dann die Frage: „Wir wissen es nicht. Es könnten Drogen sein, aber genaueres werden wir herausfinden. Luica hat gesagt, sie würde sich in ein paar Tagen wieder bei dem Mann melden. Da wollen wir dann mehr heraus kriegen!“ „Bitte finden Sie heraus, was los ist“, sagte die Mandantin, aber bevor sie weiter sprechen konnte, viel ihr Mann ihr ins Wort: „Ich glaube, ich werde mal ein ernstes Wörtchen mit der jungen Dame reden müssen!“ „Das ist das, worum ich Sie bitten wollte, es nicht zu tun. Wenn Sie mit Ihrer Tochter reden, wird sie unsicher und wird sich nicht noch einmal mit dem Typ treffen. Zumindest vorerst nicht. Das heißt, wir würden nicht herausfinden, worum es geht!“, erklärte Ingo Lenßen und der Mann nickte: „Ja, ja ich glaube Sie haben Recht. Sie kennen sich ja besser damit aus!“

Die beiden Ermittler und der Anwalt wurden noch von Frau McPerphan zur Tür gebracht und verließen dann das Grundstück. „Sagt mal, was haltet ihr von diesem Martin McPerphan?“, fragte Katja und sah ihren Kollegen und ihren Chef an. „Ich mag ihn nicht“, sagte Mark und Ingo fügte hinzu: „Stimmt, irgendwie ist er komisch!“

 

Katja Hansen und Mark Blomberg hatten nach einer kurzen Essenspause wieder Stellung vorm Haus bezogen, als auch die Tochter der Mandantin vom Zeitungen austragen zurückkam. Sie brachte eben ihre Tasche rein, schnappte sich ihren Rucksack und sprang auf ihren Roller. Erneut schlug sie den Weg in Richtung des Jugendzentrums an.

„Ja jetzt sag nicht, die holt sich neuen Stoff“, meinte Katja verwundert. „Katja, wir wissen nicht mal ob das Drogen waren, also lass uns mal abwarten!“, erwiderte ihr Kollege und parkte sein Auto auf demselben Parkplatz wie am Vortag.

Erneut stiegen sie die Stufen hinab in den Keller des Hauses. Auch heute traf sich Luica McPerphan mit dem jungen Mann. Doch dieses Mal begrüßte sie ihn mit Vornamen. „Hallo Toby, schön dich zu sehen!“, lächelte Luica und wurde gleich wieder rot, als er ihr ein charmantes Lächeln schenkte. „Hallo, Kleines. Na wie geht’s dir?“, fragte er. „Gut, sag, wieso sollte ich kommen!“ „Naja, ich hab hier wieder was für dich. Ich weiß nicht wie es ist! Ist diesmal so ne art Gratisprobe!!“, antwortete der Mann und Luica bedankte dich und verließ wieder das Gebäude.

 

„Du Katja ich hab da so ne Idee. Warte mal hier!“, sagte Mark Blomberg und verließ den Abstellraum, indem sie sich versteckt hatten, damit Luica sie nicht sah. Nun betrat er den Aufenthaltsraum, in dem noch Toby allein an der Bar stand. „Hey, du!“, sagte Mark und hob grüßend die Hand. „Hi“, sagte der junge Mann verwundert. „Sag mal … kannst mir nicht mal n bissel was besorgen?“, fragte Mark leise, sodass nur Toby es hören konnte. Toby schaute ihn verwundert an. „Ja du weißt schon, n bissel Stoff halt!“, erläuterte Mark. „Ey Alter, tickst du noch sauber?“, fragte Toby und schaute Mark angewidert an. „Man, ich hab doch grad gesehen, dass du der kleinen was verkauft hast!“, meinte Mark und Toby schüttelte nur den Kopf und sagte: „Spinner! Mit diesen Worten verließ er den Raum.

 

„Mist, ich glaub das war mal nix!“, sagte Katja, die das ganze Gespräch belauscht hatte. „Ja, das hätte mir auch ein Esel mit längeren Ohren sagen können!“, meinte Mark gereizt und Katja beschloss, erst einmal Ingo Lenßen zu informieren. „Mh…ja, das ist natürlich dumm gelaufen!“, sagte dieser und ergänzte dann: „Vielleicht solltest du dich mal als Streetworkerin ausgeben und versuchen mit ihr zu reden!“ „Ich weiß nicht, irgendwie habe ich nicht das Gefühl, dass sie unter Druck gesetzt wird oder Probleme hat!“, entgegnete Katja Hansen.

„Du Mark, ich hab da mal so eine Idee“, sagte Katja Hansen und sah ihren Kollegen an. „Ich muss irgendwie das Vertrauen von dem Mädel gewinnen!“ „Ja du Nuss und wie willst du das machen?“, fragte ihr Kollege. „Ja da habe ich dann auf deine Unterstützung gehofft!“ „Öhm, wie wär’s, wenn du da klingeln würdest und mal zum Thema Au-Pair Jahr oder Schule im Ausland eine Umfrage machen würdest. Da ihre Eltern ja nicht zu Hause sind, hast du gute Chancen das sie dann mit dir drüber redet!“

 

Gesagt, getan! Katja Hansen stand vor der Haustür der McPerphans und klingelte. Sie hatte ihre Brille aufgesetzt und ein Klemmbrett in der Hand, als Luica ihr die Tür öffnete und fragte: „Ja, was kann ich für Sie tun?“ „Schönen guten Tag, mein Name ist Katja Hansen und ich starte für das Münchener Abendblatt eine Umfrage zum Thema Au-Pair Jahr oder Schule im Ausland und ich würde gerne wissen was du so davon hältst?“, erklärte Katja Hansen. Luicas Augen begannen zu funkeln. „Ich find’s klasse. Aber kommen Sie doch erst einmal ins Haus. Da können wir uns dann besser unterhalten!“, sagte das junge Mädchen. „Würdest du es denn machen?“, fragte Katja Hansen, als sie sich auf die große, dunkelblaue Couch im großen Wohnzimmer gesetzt hatte und begann, sich Notizen zu machen. „Ja“, sagte das Mädchen ganz begeistert und erklärte: „Ich denke darüber nach und mehr oder weniger stecke ich schon mitten in den Vorbereitungen!“ „Inwiefern?“ „Naja, das ist so. Ich habe mit der Hilfe eines sehr guten Freundes einige Informationen gesammelt und seid längerer Zeit spare ich schon darauf hin und übernehme Jobs zur Finanzierung. Am liebsten möchte ich in die USA!“, lächelte das Mädchen. „Und wie kommt’s, dass es ausgerechnet die USA sein sollen?“, fragte Katja Hansen vorsichtig. „Naja, dass hat persönliche Gründe, darüber möchte ich lieber nicht sprechen!“ „Kein Problem. Was machst du denn für Jobs?“ „Naja, ich gehe hier und da Babysitten, trage Zeitungen aus und so was halt!“, antwortete Luica stolz. „Und was hält deine Mutter davon?“, hakte Katja Hansen nach. „Ehm, so genau weiß sie das noch gar nicht. Ich möchte ihr einen Plan vorstellen können!“, murmelte Luica. „Gut, vielen dank. Das war es auch schon. Ich wünsche dir viel Erfolg“, sagte Katja Hansen. Luica begleitete sie noch zur Tür und dann ging Katja Hansen auch schon zurück zum Auto und zu ihrem Kollegen.

 

Eine halbe Stunde später saßen die beiden Privatermittler im Büro ihres Chefs Ingo Lenßen. Katja Hansen und Mark Blomberg berichteten abwechselnd, was sie erfahren hatten und was bisher geschehen war. „Ich werde die Mandantin noch heute Abend hier in die Kanzlei bestellen und ihr alles erzählen. Das wird sie nicht grade erfreuen!“, sagte Ingo Lenßen. „Jetzt ist nur die Frage, ob sie das einfach nur plant oder ob sie es auch umsetzen will. Denn dafür bräuchte Luica doch die Unterschrift ihrer Mutter!“, warf Mark ein. „Die kann man fälschen“, meinte Katja.  Ingo Lenßen rief die Mandantin an. Julia McPerphan war sofort einverstanden, in die Kanzlei zu kommen. Ihr Mann hatte Nachtschicht, sodass er sie nicht begleiten konnte.

 

Mittlerweile war es 19:26 Uhr, als die Mandantin die Schiebetür zu Ingo Lenßens Büro öffnete und vor seinem Schreibtisch platz nahm. Katja Hansen war aufgestanden und hatte sich neben ihren Kollegen auf die Couch gesetzt. „Und Herr Lenßen? Was ist denn passiert? Warum lassen Sie mich heute noch hierher kommen? Ist meiner Luica etwas passiert? Was haben Sie herausgefunden?“, begann die Mandantin gleich zu reden. „Naja es ist so: ich habe heute mit Ihrer Tochter reden können. Es stellte sich dabei heraus, dass sie wirklich plant, in die USA zu gehen und dabei die Unterstützung eines Freundes hat. Wer dieser Freund ist, wissen wir nicht genau. Wir gehen davon aus, dass es dieser Toby ist, den wir im Jugendzentrum getroffen haben“, erzählte Katja Hansen und schilderte dann gleich das Gespräch, das sie mit Luica McPerphan erst an der Haustür und später im Wohnzimmer der McPerphans geführt hatte. Julia McPherphan wurde immer blasser. „Das kann sie doch nicht machen! Herr Lenßen, Luica braucht doch meine Einverständniserklärung dazu oder nicht?“ „Ja, dass schon. Aber wie Sie wissen kann man Unterschriften fälschen…“, begann Ingo, doch er wurde gleich wieder von der Mandantin unterbrochen: „So etwas würde meine Kleine nie tun!“ „Ich möchte Sie trotzdem bitten, und das bei allem Verständnis für Ihre Situation, reden Sie noch nicht mit Luica. Wir wollen erst noch ein bisschen herausfinden um sie dann zu konfrontieren. Wenn wir das jetzt schon tun, könnte sie Erklärungen erfinden, die wir bei einem späteren Gespräch vielleicht gleich als Lügen enttarnen könnten“, erklärte Ingo Lenßen ruhig. „Ich kann Ihnen versichern, solange wir sie regelmäßig observieren, kann Ihre Tochter nicht in die USA abhauen!“, fügte Mark Blomberg hinzu und Julia McPerphan sah langsam aber sicher überzeugt aus. „Ja“, sagte sie. „Ich glaube, sie haben Recht! Ich denke, ich fahre nun nach Hause und lege mich erst einmal schlafen! Ich muss das nun mal in Ruhe verarbeiten!“ „Natürlich Frau McPerphan, wir melden uns bei Ihnen!“, sagte Ingo Lenßen und die Mandantin verließ das Büro.

Auch Ingo Lenßen und seine Mitarbeiter machten Feierabend.

 

Grade bogen die beiden Privatermittler in die Straße, in der das gemütliche Haus der Familie McPerphan stand, da sahen sie auch schon, wie Luica McPerphan auf ihrem Roller die Straße hinunter bretterte. Es war Montagmorgen und die Observation der Zielperson sollte weitergehen. „Du, lass mich hier raus. Ich will mich noch ein bisschen im Zimmer von Luica umsehen“, sagte Katja Hansen und riss schon die Tür auf, obwohl der Wagen noch nicht ganz stand. „Ja, viel Erfolg“, rief ihr Kollege noch ehe er selber die Verfolgung aufnahm.

Auch heute schlug Luica McPerphan den Weg zum Jugendzentrum ein. Sie hielt direkt vorm Eingang, schnappte sich Unterlagen aus ihrem Roller und rannte die Treppen in den Aufenthaltsraum fast hinunter, sodass Mark Blomberg schon fast Schwierigkeiten hatte, ihr zu folgen ohne entdeckt zu werden.

Luica McPerphan ging wieder auf den jungen Mann namens Toby zu. Doch diesmal hatte sie Umschläge dabei, nicht er. „Hi“, sagte Luica vorsichtig und Toby drehte sich zu ihr herum. „Hey, Kleines“, begrüßte Toby und wollte Luica einen Kuss auf die Wange geben, überlegte es sich jedoch spontan anders und küsste sie direkt auf den Mund. Luica errötete und Mark Blomberg begann gleich, ein paar Fotos von den beiden zu machen. „Davon hab ich geträumt, seid ich dich das erste Mal hier gesehen habe!“, lächelte Toby dicht an Luicas Lippen. „Oh“, murmelte diese nur und drückte ihm spontan noch einen Kuss auf den Mund. „Ich liebe dich“, murmelte Luica dann und Toby entgegnete: „Und ich dich noch viel mehr!“

Gemeinsam setzten sie sich auf eine kleine, gemütliche Couch. Davor stand ein kleiner Holztisch auf dem Luica ihre Unterlagen abstellte. Beide lächelten sich kurz verliebt an, dann begannen sie, alle Prospekte, Informationsblätter und Internetausdrucke gemeinsam noch einmal durchzusehen.

Mark Blomberg machte Fotos, konnte jedoch nicht erkennen, um was für Prospekte es sich handelte und war so ins Grübeln vertieft, dass er nicht verstand, was Toby Luica vorschlug. Diese jedoch nickte begeistert und sagte: „Treffen wir uns dann heute um 18:15 Uhr dort?“ „Klar“, entgegnete Toby und fügte dann grinsend hinzu: „Wenn du nichts dagegen hast, begleite ich dich!“ Luica strahlte mit Toby um die wette und sie begannen erneut, sich zu küssen. „Sag mal“, flüsterte Luica vorsichtig. „Heißt das jetzt, dass wir zusammen sind?“ „Wenn’s nach mir ginge, währen wir schon ein paar Wochen zusammen!“, lachte Toby und stand mit Luica auf. Gemeinsam gingen sie zu ihrem Roller. Sie lächelten sich an und Luica machte sich wieder auf den Weg nach Hause.

 

Währenddessen im Hause der Familie McPerphans. Katja Hansen schaute sich erneut in dem aufgeräumten Zimmer der Zielperson um. Als sie wieder in die Papierablagen schaute, um mehr über die Pläne der Tochter herauszufinden, musste sie feststellen, dass alle Prospekte und Broschüren weg waren. Wie vom Erdboden verschluckt. Dafür lag ein mittelgroßes Buch mit Schloss auf ihrem Schreibtisch. Katja Hansen griff danach und stellte der Aufschrift nach fest, dass es sich um das Tagebuch des jungen Mädchens handeln musste. Katja wusste, sie durfte es nicht. Aber ihre Neugier siegte und sie öffnete das moderne Schloss mit ihrem Dietrichset.

Als Katja das Buch aufklappte, öffnete sich eine Seite von selbst, da zwei Fotos dazwischen lagen. Das erste Bild zeigte einen gut aussehenden, dunkelhaarigen Mann Mitte 40. Unten auf dem Bild war ganz klein ein Datum gedruckt: 5.2.2006!

Das zweite Foto war ein älteres, wie das Datum auf der Rückseite zeigte. 1992 stand dort nur. Es zeigte den gleichen Mann wie das erste Bild, dort jedoch noch wesentlich jünger, mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm, das grade begeistert in die Hände klatsche und den Mund zu einem frechen lachen verzogen hatte.

Katja Hansen nahm die Fotos in die andere Hand und begann den Tagebucheintrag auf der Seite zu lesen, an welcher Stelle das Foto gelegen hatte. Der Eintrag war vom 21.3.06. „Liebes Tagebuch“, begann Katja zu lesen. „Das gibt es nicht. Meine Mutter hat mich über Jahre hinweg angelogen. Martin ist gar nicht mein Vater. Mein richtiger, leiblicher Vater heißt Johannes und wohnt in den USA! Das habe ich mit der Hilfe von Toby rausbekommen. Er ist echt ein Schatz! Ich habe gestern den ersten Brief an meinen richtigen Vater eingeworfen. Ich bin ja so gespannt, ob er zurück schreibt.“  Der nächste Eintrag war vom 2.4.2006, in dem dann stand, dass sie den ersten Brief von ihrem Vater zurückbekommen hatte. „Ich will ihn unbedingt kennen lernen!“, las Katja leise murmelnd vor.

Katja Hansen warf grade einen Blick aus dem Fenster, als sie sah, dass das Mädchen grade ihren Roller einparkte. Schnell steckte sie die Fotos wieder ein und schloss das Tagebuch hab. Danach stopfte sie ihr Dietrichset in die Tasche und rannte durch den Garten zurück zum Auto ihres Kollegen.

„Ja sag mal, kannst du mich nicht warnen?“, grummelte Katja sauer. „Die hätte mich fast erwischt!“ „Ja du bist ja so was von witzig“, entgegnete ihr Mark Blomberg gereizt. „Wenn du dein scheiß Handy vielleicht mal anmachen würdest, ginge das vielleicht auch. Wir fahren jetzt erst einmal zu Ingo.“ „Ja es gibt einiges neues“, sagte Katja Hansen und setzte ihren Unschuldsblick auf, sodass Mark ihr nicht mehr böse wegen dem abgeschalteten Handy sein konnte.

 

Es war grade 13 Uhr, als die beiden Privatermittler das Büro ihres Chefs betraten. Ingo Lenßen nickte den beiden zu, Platz zu nehmen und schob dann eine Akte beiseite, die er grade studiert hatte. „Was gibt’s neues ihr beiden?“, lächelte der Anwalt heute sichtlich gut gelaunt. „Naja, Luica ist heute wieder in das Jugendzentrum gefahren“, begann Mark Blomberg. „Dort hat sie sich dann erneut mit diesem Toby getroffen. Es scheint so, als wären die beiden nun zusammen. Zumindest wenn man danach schließt, wie die rumgeknutscht haben. Dann haben sie zusammen irgendwelche Unterlagen durchgesehen. Und sie wollen sich heute um 18:15 Uhr treffen!“ „Ja, das tun verliebte schon mal“, grinste Katja Hansen. „Ja schöne Neuigkeiten für Luica“, lächelte Ingo. „Aber ich weiß nicht, wie ich dieses völlig normale Verhalten der Mandantin erkläre. Ich denke nicht, dass sie begeistert ist!“ „Meinst du nicht, dass das Luicas Angelegenheit ist und dass sie selbst entscheiden sollte, wann und wie sie es ihren Eltern sagt?“, meinte Katja lächelnd. „Vielleicht wollen die beiden selber noch raus finden, ob sie zusammen passen oder nicht!“ „Ja, du hast ja Recht. Erzähl mal, was hast du denn noch so raus gefunden?“, lenkte Ingo Lenßen vom Thema ab. „Nichts allzu gutes, glaub ich“, begann Katja. „Sie hat herausgefunden, dass Martin McPerphan nicht ihr richtiger Vater ist. Sie hat wohl ein Foto von ihrem leiblichen Vater und ihr selbst gefunden. Da stand hinten drauf ‚Daddy und Luica’!“ „Ehm und woher weißt du das?“, fragte Ingo Lenßen mit strafendem Blick. „Ja, naja, ich hab in ihrem Tagebuch gelesen. Darin stand dann auch, dass sie mit der Hilfe von Toby nachgeforscht hat und nun weiß wer ihr richtiger Vater ist und wo er wohnt. Und sie will ihn kennen lernen!“, erklärte Katja Hansen. „Okay okay, ich will gar nichts weiter über das Tagebuch hören!“, grinste Ingo und Mark sagte: „Irgendwie schon verständlich, dass sie ihren Vater kennen lernen will!“ „Ja, das ist es. Und jetzt stimmt ihr mir aber zu, dass wir mit der Mandantin reden sollten oder?“, entgegnete Ingo Lenßen und seine beiden Mitarbeiter nickten.

 

Eine halbe Stunde später stürmte eine aufgebrachte Frau McPerphan herein, die zugleich auch noch ziemlich verwundert und verwirrt war.

„Alles okay bei Ihnen?“, fragte Mark Blomberg. „Ja…ja ich bin nur überrascht, dass meine Tochter heute freiwillig ihre Klamotten bügelt“, sagte die Mandantin, nahm auf dem einzigen Stuhl platz und sah daher nicht, dass Katja Hansen und Mark Blomberg sich einen alles sagenden Blick zuwarfen.

„Also, weswegen ich Sie hierher bestellt habe“, begann Ingo Lenßen das Gespräch. „Wir gehen davon aus, dass ihre Tochter Luica ihren leiblichen Vater kennt. Meine Ermittlerin konnte heute Morgen im Tagebuch ihrer Tochter lesen. Und darin fand sie unter anderem ein aktuelles Foto von ihrem Ex-Mann, außerdem will ihre Tochter diesen Mann kennen lernen!“ „Zudem hat sie sich wieder mit diesem jungen Mann getroffen, der aus dem Jugendzentrum. Wir wissen nun, dass er Toby heißt. Mit seiner Hilfe hat Luica wohl herausgefunden, wo ihr leiblicher Vater wohnt“, ergänzte Mark. „Aber wie kann sie das nur herausgefunden haben?“, fragte die Mandantin aufgeregt. „Wir haben ihr nie etwas von Johannes erzählt und ich habe alle Bilder von damals sorgfältig versteckt!“ „Es ist wohl ein Bild von früher gewesen, denn ein Bild von 1992 lag mit in ihrem Tagebuch, genau wie ein Bild von 2006. das heißt, er hat ihr das geschickt, es stand nämlich darin, dass sie ihrem Vater geschrieben hat und wohl auch eine Antwort bekam. Jedoch hatte ich nicht mehr genug Zeit, diesen Antwortbrief zu suchen“, erklärte Katja Hansen und die Mandantin bekam vor lauter Hektik rote Flecken am Hals. „Und was wollen Sie nun  tun?“, fragte Julia McPerphan aufgeregt. „Naja, wir hatten auf ihre Hilfe gehofft. Hat ihre Tochter irgendwas Auffälliges getan heute?“, fragte Ingo Lenßen. „Naja, sie hat all ihre neuen Sachen gebügelt. Und sie hat gefragt wo der große Koffer wäre!“, antwortete die Mandantin nachdenklich. „Sie meinen doch nicht, sie will schon heute los?“ „Natürlich!“, rief Mark Blomberg und klatschte sich mit der Hand gegen sie Stirn. „Ich hab doch gesagt, Luica will sich um 18:15 Uhr mit diesem Toby treffen. Ich weiß nicht wo, aber was ist, wenn sie sich am Flughafen hier in München treffen wollen, um heute gemeinsam zu fliegen?“ „Das könnte sein. Los alles zum Flughafen. Frau McPerphan, Sie fahren mit mir“, wies Ingo Lenßen an und gemeinsam verließen sie das Büro.

 

Am Flughafen angekommen, teilten sie sich in zwei Gruppen auf. Katja Hansen und Mark Blomberg suchten die Wartehalle ab, während Ingo Lenßen und die Mandantin sämtliche Ticketschalter übernahmen.

„Sieh mal Mark, da vorne sind die beiden“, rief Katja und die beiden Privatermittler liefen auf die Zielpersonen zu. „Luica“, rief Katja. „Bitte warte kurz!“ Keuchend kam Katja Hansen neben Luica und Toby stehen. Mark war ihr dicht auf den Fersen, jedoch telefonierte er schon mit Ingo Lenßen, sodass dieser mit der Mandantin gleich zum besagten Café Spécial kam.

„Also, mein Name ist Katja Hansen und das ist mein Kollege Mark Blomberg, wir sind Privatermittler und arbeiten in der Kanzlei Lenßen und Partner. Ihre Mutter, Luica, hat uns beauftragt, herauszufinden was mit dir los ist“, erklärte Katja Hansen. „Wie, aber…“, stotterte Luica, als auch schon ihre Mutter kam. „Luica, du kannst doch nicht einfach so abhauen!“, schrie sie durch die ganze Empfangshalle. „Und Sie, das ist alles Ihre Schuld. Wenn Sie nicht wären, dann hätte meine Tochter niemals solche Gedanken entwickelt und …“ „Jetzt ist mal gut“, sagte Ingo Lenßen und legte seine Hand auf die Schulter der Mandantin. „Man Mama, ich will meinen Vater kennen lernen. Du hättest mir das nie erlaubt. Du hast mir das Jahre lang verschwiegen, Martin ist nicht mein Vater und meinen Vater will ich kennen lernen!“, schrie Luica und Toby legte ihr den Arm um die Schultern. „Du kannst nicht einfach wegfliegen. Und wer sind Sie eigentlich?“, schrie die Mandantin. „Mein Name ist Tobias Regnar“, sagte der junge Mann und sah Luica kurz an. Diese nickte nur eben und so fügte Toby hinzu: „Und ich bin der Freund Ihrer Tochter!“ Das hatte gesessen. Frau McPerphan sah aus, als hätte man ihr eine Ohrfeige verpasst. „Das ist alles Ihre Schuld, bis meine Tochter Sie kennen lernte, war Sie ein ganz normales Mädchen und hat ganz normale Klamotten angezogen und jetzt!“, schrie sie los. „Mama, ich fühl mich wohl so und ich liebe Toby. Ich werde nun in den Ferien mit ihm zusammen in die Staaten fliegen um meinen Vater kennen zu lernen“, sagte Luica trotzig. „Kommst du denn danach zurück?“, fragte Luicas Mutter auf einmal ganz ruhig. „Vorerst ja“, sagte Luica. „Aber ich möchte ein Schuljahr drüben machen!“ „Okay, darüber reden wir dann wenn du wieder da bist! Und nun mach, dass du deinen Flieger kriegst!“, sagte die Mutter und Luica viel ihr mit Freudentränen in den Augen um den Hals. „Mama danke, du bist die beste!“

Hand in Hand gingen Toby und Luica durch die Kontrollen und winkten zum Abschied.

 

 

Abschluss:

Luica McPerphan einigte sich mit ihrer Mutter, ein Schuljahr in den USA machen zu dürfen, um ihren Vater besser kennen zu lernen. Dieser bot ihrem Freund Tobias Regnar einen Ausbildungsplatz in seinem Betreib an, den Tobias dankend annahm.

 

 

© Sarah Kranz

 

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